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Digitale Angebotsabgabe

Digitale Angebotsabgabe – Definition und Bedeutung im Vergabewesen

Was ist die digitale Angebotsabgabe?

Die digitale Angebotsabgabe bezeichnet den Prozess, bei dem Unternehmen ihre Angebote für öffentliche Ausschreibungen vollständig elektronisch über spezielle Vergabeplattformen einreichen. Anders als bei der klassischen Papierform werden hierbei alle Angebotsunterlagen digital erstellt, signiert und übermittelt. Dieser Ansatz stellt einen zentralen Baustein der Digitalisierung des Vergabewesens dar und revolutioniert die Art und Weise, wie Bieter mit öffentlichen Auftraggebern interagieren.

Gesetzliche Grundlagen der digitalen Angebotsabgabe

Die elektronische Angebotsabgabe ist im deutschen Vergaberecht fest verankert:

  • Vergabeverordnung (VgV): Gemäß § 53 VgV ist seit Oktober 2018 die elektronische Kommunikation im Oberschwellenbereich verpflichtend.
  • Unterschwellenvergabeordnung (UVgO): § 38 UVgO regelt die elektronische Kommunikation im Unterschwellenbereich.
  • EU-Vergaberichtlinien: Die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU haben die Digitalisierung des Vergabewesens auf europäischer Ebene vorangetrieben.
  • Signaturgesetz (SigG) und Vertrauensdienstegesetz (VDG): Diese regeln die Anforderungen an elektronische Signaturen.

Die gesetzlichen Vorgaben stellen sicher, dass digitale Angebote rechtlich bindend und nachvollziehbar sind, während gleichzeitig Datenschutz und Informationssicherheit gewährleistet werden.

Der Prozess der digitalen Angebotsabgabe

Der Ablauf einer digitalen Angebotsabgabe umfasst typischerweise folgende Schritte:

  1. Registrierung auf der Vergabeplattform: Als Bieter müssen Sie sich zunächst auf der vom Auftraggeber genutzten Vergabeplattform registrieren.
  2. Suche und Auswahl von Ausschreibungen: Die Plattformen bieten Suchfunktionen, mit denen Sie passende Ausschreibungen finden können.
  3. Download der Vergabeunterlagen: Alle notwendigen Unterlagen werden digital heruntergeladen.
  4. Erstellung des Angebots: Das Angebot wird entweder direkt auf der Plattform oder in eigenen Systemen erstellt.
  5. Vorbereitung der Anlagen: Alle geforderten Nachweise und ergänzenden Dokumente werden digital zusammengestellt.
  6. Elektronische Signatur: Je nach Anforderung wird das Angebot mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) oder anderen zugelassenen Methoden signiert.
  7. Upload und Übermittlung: Das vollständige Angebot wird auf die Plattform hochgeladen und verbindlich übermittelt.
  8. Eingangsbestätigung: Der Bieter erhält eine elektronische Bestätigung über den Eingang des Angebots.

Technische Voraussetzungen für Bieter

Um erfolgreich an der digitalen Angebotsabgabe teilzunehmen, benötigen Bieter:

  • Internetzugang: Eine stabile Internetverbindung mit ausreichender Bandbreite.
  • Hard- und Software: Aktuelle Computer mit gängigen Betriebssystemen und Browsern.
  • Signaturkomponenten: Je nach Anforderung eine Signaturkarte mit Lesegerät oder ein anderes Tool zur elektronischen Signatur.
  • PDF-Software: Programme zum Erstellen, Bearbeiten und Zusammenführen von PDF-Dokumenten.
  • E-Mail-Adresse: Eine geschäftliche E-Mail-Adresse für die Kommunikation.
  • Scanmöglichkeiten: Geräte zum Digitalisieren von Dokumenten, die ursprünglich in Papierform vorliegen.

Arten der elektronischen Signatur

Bei der digitalen Angebotsabgabe kommen verschiedene Signaturarten zum Einsatz:

  1. Einfache elektronische Signatur (EES): Die grundlegendste Form, wie etwa die Namensangabe unter einer E-Mail.
  2. Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES): Diese erlaubt die eindeutige Identifizierung des Unterzeichners und erkennt nachträgliche Änderungen.
  3. Qualifizierte elektronische Signatur (QES): Die höchste Stufe, die einer handschriftlichen Unterschrift rechtlich gleichgestellt ist. Sie basiert auf einem qualifizierten Zertifikat und wird mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erstellt.

Je nach Ausschreibung und Wertumfang können unterschiedliche Signaturniveaus gefordert sein, wobei bei formellen Vergabeverfahren häufig die QES verlangt wird.

Vorteile der digitalen Angebotsabgabe für Bieter

Die elektronische Einreichung bietet zahlreiche Vorteile:

  1. Zeitersparnis: Keine Postwege, keine Kurierdienste, keine physische Anlieferung notwendig.
  2. Kostenreduktion: Einsparungen bei Druck-, Porto- und Personalkosten.
  3. Flexibilität: Angebote können bis zur letzten Minute vor Ablauf der Angebotsfrist eingereicht oder geändert werden.
  4. Transparenz: Bessere Nachvollziehbarkeit des Verfahrensablaufs und automatische Eingangsbestätigungen.
  5. Umweltschonung: Reduzierter Papierverbrauch und CO2-Ausstoß durch Wegfall von Transportwegen.
  6. Ortsunabhängigkeit: Teilnahme an Ausschreibungen von jedem Standort aus möglich.
  7. Fehlerreduktion: Plausibilitätsprüfungen und digitale Assistenten können Formfehler reduzieren.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Trotz der Vorteile können bei der digitalen Angebotsabgabe Herausforderungen auftreten:

  1. Technische Hürden:
    • Problem: Unvertrautheit mit den Plattformen und technischen Anforderungen.
    • Lösung: Nutzen Sie Schulungsangebote der Plattformbetreiber und planen Sie ausreichend Einarbeitungszeit ein.
  2. Datenvolumen:
    • Problem: Große Dateien (z.B. CAD-Zeichnungen) können Uploadprobleme verursachen.
    • Lösung: Komprimieren Sie Dateien wenn möglich und beginnen Sie den Upload frühzeitig.
  3. Signaturanforderungen:
    • Problem: Beschaffung und Einrichtung der notwendigen Signaturkomponenten.
    • Lösung: Informieren Sie sich rechtzeitig über die Anforderungen und beantragen Sie nötige Zertifikate frühzeitig.
  4. Systemausfälle:
    • Problem: Technische Probleme kurz vor Fristablauf.
    • Lösung: Planen Sie einen Zeitpuffer ein und reichen Sie Angebote nicht auf den letzten Drücker ein.
  5. Formatkompatibilität:
    • Problem: Unterschiedliche Dateiformatanforderungen verschiedener Plattformen.
    • Lösung: Stellen Sie sicher, dass Sie die geforderten Formate unterstützen und testen Sie dies vorab.

Praxistipps für eine erfolgreiche digitale Angebotsabgabe

  1. Frühzeitig registrieren: Melden Sie sich rechtzeitig auf den relevanten Plattformen an und vervollständigen Sie Ihr Unternehmensprofil.
  2. Testangebote nutzen: Viele Plattformen bieten Testfunktionen an. Nutzen Sie diese, um sich mit dem System vertraut zu machen.
  3. Dokumente strukturieren: Legen Sie eine klare Ordnerstruktur an und benennen Sie Dateien eindeutig nach den Vorgaben des Auftraggebers.
  4. Zeitplan erstellen: Planen Sie ausreichend Zeit für die Angebotserstellung, Prüfung und Einreichung ein.
  5. Checklisten verwenden: Erstellen Sie interne Checklisten für wiederkehrende Ausschreibungstypen.
  6. Vier-Augen-Prinzip: Lassen Sie Angebote von einem zweiten Mitarbeiter prüfen, bevor Sie sie einreichen.
  7. Eingangsbestätigungen archivieren: Speichern Sie alle Bestätigungen und Protokolle der Plattform für eventuelle spätere Nachweise.
  8. Technische Redundanz: Halten Sie alternative Internetverbindungen oder Geräte bereit, falls technische Probleme auftreten.

Häufige Fehler und wie man sie vermeidet

  1. Unvollständige Unterlagen:
    • Fehler: Vergessen wichtiger Nachweise oder Formblätter.
    • Vermeidung: Systematische Prüfung anhand der Anforderungsliste des Auftraggebers.
  2. Verspätete Einreichung:
    • Fehler: Upload beginnt zu spät und wird nicht rechtzeitig abgeschlossen.
    • Vermeidung: Planen Sie einen Zeitpuffer von mindestens 24 Stunden vor Fristablauf ein.
  3. Formatfehler:
    • Fehler: Falsche Dateiformate oder zu große Dateien.
    • Vermeidung: Prüfen Sie die technischen Anforderungen und maximalen Dateigrößen vorab.
  4. Falscher Signaturtyp:
    • Fehler: Verwendung einer unzureichenden Signaturart.
    • Vermeidung: Klären Sie die genauen Anforderungen an die elektronische Signatur.
  5. Vergessen der finalen Absendung:
    • Fehler: Angebot wird hochgeladen, aber der finale Absendeschritt wird vergessen.
    • Vermeidung: Achten Sie auf die Eingangsbestätigung und den Status Ihres Angebots auf der Plattform.

Die digitale Angebotsabgabe stellt einen wichtigen Meilenstein in der Modernisierung des Vergabewesens dar. Für Bieter bietet sie trotz anfänglicher Umstellungsherausforderungen erhebliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Kosten und Flexibilität. Unternehmen, die sich frühzeitig mit den technischen und organisatorischen Anforderungen auseinandersetzen, können sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und von der zunehmenden Digitalisierung des öffentlichen Auftragswesens profitieren.